Die Vaihinger Gesellschaft
für Stadtgeschichte, Museumsarbeit und Kultur e.V.


Die Vaihinger Gesellschaft für Stadtgeschichte,  Museumsarbeit  und Kultur e.V. - AKTUELLES

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Aus der VKZ (14.4.25) : 

Gedenkfeier der KZ-Gedenkstätte zur Befreiung des KZ Vaihingen (8. April 1945)
Bei der bewegenden Veranstaltung zur Befreiung des KZ Vaihingen vor 80 Jahren betont Landrat Dietmar Allgaier, dass es heute wichtiger denn je, ein klares Zeichen der Solidarität zu setzen. Unter den vielen Gästen sind auch Nachkommen ehemaliger Häftlinge.
-> https://zeitung.vkz.de/data/81392/reader/reader.html?t=1745009234185#!preferred/0/package/81392/pub/111404/page/11/alb/3718148

Der 7. April 1945 war der Tag der Befreiung für rund 600 Häftlinge im Konzentrationslager „Wiesengrund“ im Glattbachtal bei Vaihingen. Aber nahezu 1600 Gefangene haben das Arbeitslager für das Bunkerwerk „Stoffel“ im ehemaligen Komplex Natzweiler nicht überlebt. Mit einer Gedenkfeier auf dem KZ-Ehrenfriedhof, umrahmt vom Bläserkreis Vaihingen und mit berührenden Schilderungen von Überlebenden, wird in jedem Jahr an das Schicksal der hier bestatteten Menschen erinnert. So auch am Sonntag vor sehr großem Besuch und mit einem besonderen Gedenken an die Opfer aus 25 Nationen. Es ist ein deutliches Zeichen: „Nie wieder!“
Zwei Überlebende sind dem Veranstalter der Feierstunde – früher Bläserkreis, seit vielen Jahren der Verein KZ-Gedenkstätte Vaihingen – noch bekannt. Sie leben in Polen und Israel und waren schon mehrmals zu Gast. „Aufgrund ihres hohen Alters wollten sie die Reisestrapazen nicht mehr auf sich nehmen“, berichtet Vorstandssprecher Rainer Mayer. Angehörige von Nachkommen Überlebender kommen aus den USA, Polen und Norwegen. Zu Gast ist als letzte Zeitzeugin Wendelgard von Staden, die im Juni 100 Jahre alt wird.
„Als Ort des Gedenkens an die Opfer des unmenschlichen KZ-Systems in der Zeit des Nationalsozialismus“ stellt Rainer Mayer die 2002 geschaffene Gedenkstätte und den nahe gelegenen Friedhof (eingeweiht 1958) vor, „als Ort historisch-politischer Bildung, insbesondere für junge Menschen. Werte, die für unsere Demokratie prägend sind – Toleranz, Freiheit, Vielfalt, Verständigung oder Solidarität –, sollen hier vermittelt werden. In letzter Zeit werden zunehmend Tendenzen spürbar, die diese Werte und Einsichten zurückdrängen wollen. Sich dem entschieden entgegenzustellen, ist die dritte Aufgabe von Gedenkstätten heute.“
Vaihingens Oberbürgermeister Uwe Skrzypek, der die Gäste am Tag zuvor zum Abendessen eingeladen hatte, zitiert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Erinnerung kennt keinen Schlussstrich und Verantwortung deshalb auch nicht.“ Skrzypeks Bitte: „Lassen Sie uns diese Aufgabe gemeinsam mit Entschlossenheit und Mitgefühl weitertragen, damit wir eine Welt gestalten, in der Hass und Intoleranz keinen Platz haben. Die Pflicht zur Erinnerung ist keine einfache formale Aufgabe, sondern eine tief empfundene Verantwortung, die wir alle tragen.“ Man müsse sich dazu bekennen, Verbrechen nicht zu verleugnen: „Versöhnung ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen müssen.“ Und er erinnert an eine Aussage des Überlebenden Boleslaw Urbanski – „es ist heute kein Grund zur Anklage, es geht nicht um Vergeltung noch um Schuldzuweisung vergangener Taten. Die Zeit zur Versöhnung ist gekommen.“
„Der Zustand unserer Demokratie ist gefährdet und der Rechtsextremismus kommt zurück – und zwar in alle Gesellschaftsschichten“, so Landrat Dietmar Allgaier. Auch auf lokaler Ebene seien alarmierende gesellschaftliche Veränderungen sichtbar: „Die Gewaltbereitschaft nimmt zu, die Hemmschwelle sinkt.“ Angriffe auf Gedenkstätten seien mittlerweile auf der Tagesordnung, davon sei auch die Gedenkstätte Vaihingen („Die zentrale Gedenkstätte im Landkreis“) nicht ausgenommen.
Allgaier: „Mit großer Sorge blicke ich sowohl auf die politischen als auch auf die gesellschaftlichen Veränderungen, die hier unmittelbar vor unserer Haustür stattfinden. Ich blicke auch mit Sorge auf das Wiedererstarken des Antisemitismus in Deutschland.“ Gerade in diesen Zeiten sei es wichtiger denn je, ein klares Zeichen der Solidarität zu setzen. Die Partnerschaft des Landkreises mit dem Oberen Galiläa in Israel nehme dabei eine besondere Bedeutung ein. „Ein Gedenktag wie dieser ist eine der zentralen Formen des Erinnerns und es bleibt unerlässlich, Jahr für Jahr das Erinnern zu erneuern“, bekräftigt der Landrat.
Rainer Mayer und Günter Baumgärtner vom Veranstalter tragen einen Brief vor, den der ehemalige Häftling Boleslaw Urbanski, inzwischen 99 Jahre alt, geschrieben und darum gebeten hat, ihn vorzulesen. Er habe die Hölle auf Erden durchlebt, schreibt er. Alle drei Lager, in denen er gewesen sei, hätten eines gemeinsam gehabt: „Vernichtung durch Arbeit.“

Gedenken an die Häftlinge

Die Erinnerungen von vier Inhaftierten, vorgetragen von Frieda Becker und Hannah Krause, Schülerinnen des Friedrich-Abel-Gymnasiums, stehen stellvertretend für die Schicksale aller Gefangenen des KZ Vaihingen und geben einen kleinen Einblick in das unfassbare Leid, das die Häftlinge erdulden mussten. Ein Zitat: „Am Ende war man mehr Tier als Mensch, es ging nur darum, wie man etwas zu essen bekommt und wie man die Schläge der Aufseher vermeidet.“ Sie zeigen, wie grausam das Leben damals im KZ gewesen ist und wie unmenschlich die Zustände in dem Lager waren.
Kranzniederlegung am Ehrenmal. Der Bläserkreis unter der Leitung von Wolfgang Kapp stimmt „A little Prayer“ an. Und für jede Nation im KZ ist eine Fahne aufgestellt, an der stellvertretend eine Blume für ein Opfer abgelegt wird. Der besondere Dank von Mayer geht an die Stadtverwaltung, speziell an den OB: „Von Anfang an hatten Sie ein offenes Ohr für unsere Probleme und Vorschläge. Die Stadt mit Ihnen an der Spitze hat sich diesen beispielhaft angenommen.“ Ein Beispiel: Die Reden und Vorträge gibt es für die Gäste in englischer Übersetzung. Der Dank einer Hinterbliebenen aus Polen geht schließlich am Mikrofon zurück an Rainer Mayer: „Thank you!“

 

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